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fortbildung Fortbildung gemäß §15 Fachanwaltsordnung

Verteidigungsansätze bei Cybercrime

Freitag, 15. Oktober in Erfurt

Referenten:
Jens Ferner, Fachanwalt für IT-Recht & Strafverteidiger, Alsdorf

Cybercrime als Tätigkeitsfeld für Verteidiger befindet sich im Wandel - ursprünglich noch "Nischentätigkeit" und begrifflich eng mit dem klassischen "Hacking" verbunden, ist es heute ein umfassender Begriff für Straftaten im gesamten digitalen Umfeld. Die "Digitalisierung des Verbrechens" führt dazu, dass technisches Verständnis sowie der gekonnte Umgang mit digitalen Spuren für sämtliche Verfahrensbeteiligte zunehmend eher prozessualer Alltag denn Ausnahme ist, fernab des "Hackings" bis hinein in das Wirtschaftsstrafrecht, wo digitale Spuren einen erheblichen Anteil der Beweisführung ausmachen.

Für den Strafverteidiger bieten sich hier Chancen, sowohl in seiner Rolle in der Hauptverhandlung als auch in der Beweisführung - aber auch Risiken, wenn Verfahrensbeteiligte technische Hintergründe unbemerkt falsch einordnen und erst mit der Urteilsverkündung klar wird, dass mangelndes technisches Verständnis zu einer Fehlentscheidung geführt hat. Der Verteidiger muss dabei (an)erkennen, dass gerade die Schwerpunktstaatsanwaltschaften hier in erheblichem Umfang die früher einmal vorhandenen Defizite aufarbeiten und ein Ungleichgewicht der Kräfte in der Hauptverhandlung bei den weiterhin nicht spezialisierten Gerichten droht. Die Gemeinschaft der Strafverteidiger darf hier den Anschluss nicht verlieren.

Im Vortrag wird den Fragen nachgegangen:

  1. Wie sind digitale Beweismittel strafprozessual zu bewerten und welcher Beweiswert kommt ihnen konkret zu?
  2. Was ist aus Verteidigersicht bei der Einziehung von Hardware zu beachten?
  3. Wie ist der aktuelle Stand der Einziehung bei Bitcoins?

Im Fokus stehen die "Digitalen Beweismittel", die bisher - trotz zunehmender Digitalisierung auch der Justiz - kaum die notwendige Beachtung in der forensischen Verteidigertätigkeit gefunden haben und die, zu häufig unreflektiert, in Ermittlungsverfahren und Prozessen eine Rolle spielen. Flankiert wird dies nicht zuletzt durch die bis heute in der Strafprozessordnung nicht existierende Regelung zum Umgang mit digitalen Beweismitteln. Insoweit ist festzuhalten, dass man mit dem bisher bestehenden strafprozessualen Rahmen zwar digitale Beweismittel handhaben kann, der Reformbedarf in diesem Bereich aber ebenso drängend, wie sich aufdrängend, ist. Es wird aufgezeigt, dass sich, in diesem Spannungsfeld, die Praxis nur allzu gerne damit behilft, dass in einem gefährlichen Zirkelschluss digitale Beweismittel und "klassische Beweismittel" in eine Wechselbeziehung gesetzt werden, in der die digitalen Beweismittel scheinbar an Bedeutung verlieren und damit prozessual in den Hintergrund treten - hier sind Verteidiger aufgerufen, Gerichten stringente Beweisketten abzuverlangen.

Dabei liegen Verteidigungsansätze gerade dort, wo unreflektiert auf digitale Spuren und Beweismittel zurückgegriffen wird; die Gerichte sind sich regelmäßig der teilweise simpel zu vollziehenden Fälschungsmaßnahmen ebenso wenig im Klaren, wie des erheblichen Risikos, dass ein vermeintlicher Täter letztlich nur (ungewollter) Mittelsmann einer gegen ihn selbst gerichteten erfolgreichen Cyberattacke gewesen sein kann. Insgesamt kann digitalen Spuren und Beweismitteln dabei allenfalls eine Indizwirkung zukommen.

Eine kurze Darstellung der Problematik soll hier das Problembewusstsein schaffen anhand ausgewählter Aspekte aus der Praxis hinsichtlich der klassischen digitalen Spuren und Beweismittel:

  • IP-Adresse und Logfiles
  • E-Mails & Chats
  • Hashwerte
  • Login-Vorgänge
  • Identitätsdiebstahl
  • Darstellung vermeintlich objektiver Tatsachen wie Farben
  • Bitcoin-Zahlungsflüsse
  • Ausblick: Analyse von Verhaltensmustern

Abschliessend geht der Vortrag auf zwei spezielle Fragen der Einziehung ein: Einmal auf die bei Cybercrime reflexartig im Raum stehende Einziehung von Hardware und die insoweit bestehenden Besonderheiten. Abrundend zudem auf die Einziehung von Bitcoins, wobei auf eine Darstellung der technischen Hintergründe des Bitcoins verzichtet werden muss und konzentriert erläutert wird, ob und wie die Einziehung von Bitcoins rechtlich zu handhaben ist - sowie, worauf Verteidiger hierbei achten müssen.

Tagungsort:
Radisson Blu Hotel
Juri-Gagarin-Ring 127
99084 Erfurt

Seminarzeit:
13.30-19.00 Uhr

Teilnahmegebühr:
180,- € für Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht / FORUMs Junge Anwaltschaft
230,- € für Nichtmitglieder

Paketangebot:
Bei Buchung und Bezahlung von drei Fortbildungsveranstaltungen erhalten Sie einen Paketpreis zu 450,- € für Mitglieder, 315,- € für Mitglieder des Forum JUST und 600,- € für Nichtmitglieder.

Veranst.-Nummer: 016-2021